Eine Adresse auch für Ausgefallenes

Typisch erzgebirgische Volkskunst verlässt die kleine Werkstatt von Peter Götz. Doch nicht selten schnitzt der Krumhermersdorfer auch Kuriositäten nach Sonderwünschen von Vereinen oder Privatpersonen.
Typisch erzgebirgische Volkskunst verlässt die kleine Werkstatt von Peter Götz. Doch nicht selten schnitzt der Krumhermersdorfer auch Kuriositäten nach Sonderwünschen von Vereinen oder Privatpersonen.

"Freie Presse" vom 17.02.2018, von Matthias Degen

Peter Götz schnitzt in Krumhermersdorf typisch Erzgebirgisches. Aber auch rauchende Porsches und Narrenzepter.

Ein leichtes Unterfangen war es für Joachim Breßler nicht. Der Chef des Freiberger Karneval-Klubs (FKK) war von seinen Narren mit der Beschaffung eines neuen Zepters noch vor der beginnenden fünften Jahreszeit beauftragt. "Das alte Narrenzepter war 33 Jahre alt, und der Kopf bestand aus inzwischen porösem Gummi", erklärt Breßler. Er entschied sich für eine stabile Variante aus geschnitztem Lindenholz. Seine Suche nach einem geeigneten Schnitzer führte ihn durch das ganze Erzgebirge und schien fast zu scheitern. Erst in Krumhermersdorf wurde der Narrenchef fündig. Inzwischen erfolgte die feierliche Weihe des lustigen Narrenkopfes, zu der auch sein Schöpfer Peter Götz eingeladen wurde. Von einem Hohndorfer Schnitzer habe Joachim Breßler den Tipp bekommen. "Peter Götz war meine letzte Hoffnung."

In dem kleinen Werkstattanbau am Haus von Peter Götz in Krumhermersdorf entsteht typisch erzgebirgische Schnitzkunst, und nichts erinnert an kuriose Motive aus Holz, die der 55-Jährige in regelmäßigen Abständen auch schnitzt. Seine Wand- und Stufenpyramiden, Bergmänner und Engel zeichnen sich durch filigrane und ausdrucksstarke Figuren aus, sind mit viel Liebe zum Detail hergestellt und gehen als Auftragsarbeiten an Händler im ganzen Erzgebirge. Als Achtjähriger hat er das Handwerk in der Kinderschnitzgruppe des Ortes erlernt, sich als Autodidakt einen Namen gemacht und lebt seit zwölf Jahren hauptberuflich von der Arbeit mit Schnitzmesser und Hohleisen. "Über fehlende Aufträge kann ich mich nicht beklagen", so der ehemalige Schlosser bei DKK in Scharfenstein. Er freut sich dennoch, wenn Vereine oder Privatpersonen mit ausgefallenen Wünschen zu ihm kommen.

 

Begonnen hatte alles im Frühjahr 2011, als eine Frau aus Bergheim bei Köln einen Porsche 356 in Miniatur für ihren Lebensgefährten suchte. Aus erzgebirgischem Lindenholz sollte das Modell sein und als Räucher-Luxuswagen Weihrauchduft dem Auspuff entströmen. Als Vorlage für Details wie Türgriffe, Spiegel, Radkästen und die Räder dienten Fotos, das Rauch-Problem löste der Schnitzer mit einem ausgeklügelten Kanalsystem. Die Idee sprach sich schnell herum, vier weitere Räucher-Porsche entstanden, und auch an mehr oder weniger skurrilen Nachfolgeaufträgen fehlte es nicht.

 

Wer seine Lieben in Holz geschnitzt verewigen möchte, ist bei Peter Götz ebenso richtig wie der Kölner Karnevalsverein, der einen Mitstreiter der Prinzengarde mit seinem Konterfei aus Holz überraschte. "Am Telefon erzählen mir die Kunden meist etwas über ihre Idee zum Objekt der Begierde, später folgt ein Fax mit den genauen Vorstellungen", erklärt der Holzkünstler und berichtet von einer Familie, die dem Großvater zum 80. Wiegenfest ein ganz besonderes Geschenk machen wollte. Der alte Herr ging noch immer leidenschaftlich gern einkaufen und bevorzugte stets den gleichen Supermarkt. Zum Täuschen ähnlich schnitzte Götz den betagten Rentner, der mit seinem Rollator und dem vollen Einkaufsbeutel zufrieden das Geschäft verlässt.

 

Nicht ganz so einfach war der Wunsch einer Augustusburgerin, die bei Peter Götz einen geschnitzten Floh zum Verschenken bestellte. Klein von Wuchs und ebenso agil wie das Insekt, hatte ihre Freundin den Spitznamen bekommen. "Nicht größer als einen Zentimeter sollte der Sechsfüßer aus einem Stück entstehen", erinnert sich sein Schöpfer daran, was sich besonders bei den dünnen Beinen schwierig gestaltete. "Ein falscher Schnitt, und die Arbeit beginnt von vorn."

 

Leben kann Peter Götz von den Sonderwünschen nicht. "Alles muss möglichst den Vorstellungen der Auftraggeber entsprechen, kostet deshalb viel Zeit und ist schwer kalkulierbar", erklärt der Holzschnitzer. Dennoch möchte er die ausgefallenen Aufträge nicht missen. "Wenn es die Zeit erlaubt, ist es eine angenehme Abwechslung."